Familie Körmann
Eine schnelle Rückkehr mit Hindernissen
Im Ortsteil Bischheim der Gemeinde Haselbachtal liegt das Haus, in das Familie Körmann vor drei Monaten eingezogen ist. Die Rückkehr aus Baden-Württemberg in die Wachstumsregion Dresden hatte einige Überraschungen und einige Hindernisse für die Familie parat.
Das neue Heim der Familie Körmann liegt an der Bischheimer Hauptstraße. Der Eingang und die Fenster sind weihnachtlich geschmückt. An einen turbulenten Umzug erinnert wenig. Die große Wohnküche mit der niedrigen Holzdecke und den tiefen Fensterleibungen strahlt eine gewisse Nostalgie aus. Silke Körmann hat einen Teller selbst gebackener Kekse auf den Tisch gestellt, daneben liegen liebevoll verpackte, schokoladene Köstlichkeiten aus eigener Produktion. Die 34-jährige, gelernte Konditorin ist eine offene Persönlichkeit mit strahlendem Lächeln. Töchterchen Anna ist eineinhalb Jahre alt. Der niedliche Lockenschopf spielt auf dem warmen Dielenboden mit dem Hauskater.
Das Haus, in dem die Körmanns jetzt wohnen, kennt Silke Körmann aus ihrer Kindheit. Ihre Großmutter wohnte bis zu ihrem Tode in dem alten Bauernhaus. Danach wurde es von Silkes Bruder saniert. Im angrenzenden Gebäude wohnen die Eltern. Der Bruder entschied sich vor 12 Jahren in Lichtenberg ein Eigenheim zu bauen. Seitdem stand das Haus leer.
Dass sie irgendwann zurückkommen will, stand für Silke Körmann bereits fest, als sie nach dem Schulabschluss 1999 Sachsen in Richtung Baden-Württemberg verließ. In Badenweiler begann sie eine Lehre als Konditorin. Fast mit der Lehre fertig und zur Rückkehr bereit, lernte sie ihren jetzigen Ehemann Christian kennen. Christian kommt aus Mecklenburg-Vorpommern und lernte im „Westen“ Einzelhandelskaufmann. Der Liebe wegen blieb sie in der Ferne. Silke Körmann wechselte ins Hotelfach, Christian derweil zur Marine. Fünf Jahre fuhr er im Rahmen des Wehrdienstes zur See. 2010 heirateten sie in ihrer Heimat, im Barockschloss Oberlichtenau. Ihr Alltag war geprägt von viel Arbeit. Ein Kind war geplant, aber der berühmte, richtige Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Passen wollte es nie so richtig.
Das Umdenken begann mit dem Unfalltod von Christians Bruder 2014. Er hinterließ eine Frau und zwei kleine Kinder. „An dem Punkt stellt man sich die Frage, wofür man eigentlich arbeitet?“ sagt Silke Körmann. „Uns wurde klar, dass der richtige Zeitpunkt für ein Kind sowieso nicht kommt. Also entschieden wir uns in diesem Augenblick für ein Baby.“ Das Wunschkind Anna wurde im September 2015 geboren.
Der Wunsch, zurück zu kommen, wurde klarer. Weihnachten 2015 besprach man die Option mit Silkes Eltern. Diese freuten sich, die junge Familie und vor allem das Enkelkind bald wieder bei sich zu haben. Als Wohnraum stand die alte Wohnung des Bruders zur Verfügung. Die Familie plante mit einer Rückkehrdauer ab dem Zeitpunkt der Entscheidung bis zum endgültigen Umzug von ein bis zwei Jahren. Aber es kam alles anders.
Die definitive Entscheidung fiel im April 2016. Silkes Mutter zeigte ihr einen Zeitungsartikel des Projektes „Ab in die Wachstumsregion Dresden!“. Silke und Christian nahmen zum Projektteam Kontakt auf und übermittelten ihre Bewerbungsunterlagen. Das Projektteam stellte den Kontakt zur Agentur für Arbeit her. „Die Beratung dort war hervorragend. Wir wurden super unterstützt“ sagt Silke Körmann. „Da ich Erfolg mit einer Initiativbewerbung und bereits eine Jobzusage der Firma Sternenbäck Kamenz in der Tasche hatte, ging nun doch alles schneller als geplant.“ Christian musste seinen Job kündigen, um mit seiner Familie umziehen zu können. Zu klären war nun, ob er eine finanzielle Überbrückung bekommt, bis er einen neuen Job hat. Die Agentur für Arbeit half und die finanziellen Sorgen waren damit vom Tisch.
In den Sommerferien wurde in einer kräftezehrenden Hau-Ruck-Aktion innerhalb von drei Wochen die Wohnung saniert. Silkes Bruder hatte zwar gut vorgearbeitet, aber immerhin stand das Gebäude 12 Jahre lang leer. Parallel wurde Anna in der Kita „Haselmäuse“ eingewöhnt. „Wir waren gefühlt nur auf der Straße zwischen hier und da“, erinnert sich Silke. Der Umzug selbst im September 2016 war gespickt mit „unglücklichen Umständen“. Erst gab es in der alten Wohnung einen Wasserschaden, der beseitigt werden musste. Am geplanten Umzugstag versagte der Transporter des Helferteams und dann gab auch noch das Auto der Körmanns den Geist auf. Und man darf nicht vergessen, es war immer ein einjähriges Baby mit im Schlepptau. „Man glaubt dann an böse Geister.“ sagt Silke Körmann. „Es kommt einem vor, als sollte es nicht sein.“ Ein Berliner Umzugsunternehmen rettete dann den Umzug und chauffierte das ganze körmännische Hab und Gut ins Haselbachtal. Seit dem 1. November arbeitet Christian nun als Lagerist in Radeberg. „Jetzt kommen wir langsam an“, sagt er.
Wenn sie die Gründe für die Rückkehr benennen müssten, würden sie die Nähe zur Familie nennen, aber auch die gute Ausstattung mit Kitas und Schulen. Arbeit haben beide schnell gefunden und zu Hause ist eben doch zu Hause.
Interview und Text: Kristina Kroemke