Carsten Leuthold
Ein Sachse mit Leib und Seele
Das Familienanwesen der Familie Leuthold liegt an der B97. Hinter einem schönen schmiedeeisernen Zaun wachsen riesige Rhododendronbüsche, dahinter fließt die Pulsnitz – ein Traum. Umrahmt von der immergrünen Pracht liegt das Wohnhaus der Familie. Bewohnt wird es von den Eltern und seit 1. November 2016 auch von Sohn Carsten - ein Mann der klaren Worte. „Ich bin so wie ich aussehe“ sagt er mit einem Lächeln und das glaubt man ihm. Mit seiner tiefen, sonoren Stimme und dem Holzfällerhemd ist er ein Mann, der anpacken kann. „Ich stecke auch noch mitten im Umbau.“ sagt er. Mit viel Eigenleistung will er das elterliche Haus Schritt für Schritt sanieren. Den Charme der 1932 erbauten Villa will er erhalten. Dass das Nerven und Zeit kostet, ist ihm bewusst.
Abschied von der Heimat
Doch von Anfang an: Bis 2001 absolvierte der heute 39-jährige bei der Radeberger Exportbierbrauerei eine Lehre als Brauer und Mälzer. Nach der Lehre verschickte er exakt eine Bewerbung und wurde bei Löwenbräu in München angenommen. Sein Umzug glich einer Flucht. Eineinhalb Wochen hatte er Zeit, eine Unterkunft zu finden und in der neuen Heimat anzukommen. Seine erste Bleibe fand er in einer Pension außerhalb Münchens. Trotzdem ihn die Wirtsleute des „Haberlwirt“ wie einen eigenen Sohn behandelten, hing sein Herz an der sächsischen Heimat. So oft es ging, besuchte er die Eltern zu Hause.
Von 2003 bis 2005 absolvierte er das Grundstudium in Chemie- und Umwelttechnik an der HTW in Dresden. Danach ging es bis 2006 zurück nach München. Anschließend machte er in Berlin an der Versuchs- und Lehranstalt für Brauereiwesen seinen Diplom-Braumeister. Die nächste Station waren die Urbacher Mineralquellen, die zum Coca-Cola-Konzern gehören. Unermüdlich schärfte er sein berufliches Profil. Wurde Sensoriker und bildete in diesem Beruf auch junge Leute aus. Zusätzlich begann er, sich als Fachkraft für Arbeitssicherheit fortzubilden. Da wusste er noch nicht, dass genau diese Ausbildung ihn zurück in die Heimat führen würde.
Die Chance zur Rückkehr ergibt sich
Im Frühjahr 2016 schnitt Vater Leuthold die Anzeige vom Rückkehrer-Projekt „Wachstumsregion Dresden!“ aus der Zeitung aus. Carsten Leuthold begann zu „googeln“ und setzte sich schließlich mit dem Projektmanagement der Wachstumsregion Dresden in Verbindung. Projektmanager Manuel Saring vermittelte ihn an die Arbeitsagentur. „Ich war begeistert von Herrn Saring und Frau Robitzsch. Beide haben meine Erwartungen an Freundlichkeit und Engagement weit übertroffen. Keine Spur von Behördenstarrsinn.“ sagt er mit ernst gemeinter Anerkennung. Er wurde über alle Formalitäten aufgeklärt, die ein Rückzug nach Hause mit sich bringt. Aber das Wichtigste war es nun, einen neuen Job zu finden. Und auch hier ging wieder alles sehr schnell. Die Sachsenmilch Leppersdorf GmbH schrieb zu diesem Zeitpunkt die Stelle einer Fachkraft für Arbeitssicherheit aus. Im Juli 2016 wurde er zum ersten Vorstellungsgespräch eingeladen, dem am 21. August die zweite Auswahlrunde folgte. „Die Personalleiterin des Standortes, Christine Schmidt, sagte mir, dass ich am 24. August, die Zu- oder Absage erhalte. Ich sollte an dem Tag meine Emails lesen. Um 21.20 Uhr – das weiß ich noch genau – kam die Antwort – ich hatte den Job.“ Die Freude über diesen Moment sieht man ihm noch heute an. „Ich habe meine Eltern angerufen. Meine Mutter hat geweint.“ Am 1. November trat er seine neue Arbeitsstelle an und hat bisher nicht eine Minute seine Entscheidung bereut.
Verbundenheit zur Heimat und die Nähe zur Familie sind Triebfedern
Im Resümee sagt er: „Ich wollte eigentlich nie weg. Es war immer die Arbeit, wegen der ich ging.“ und ergänzt: „Mein Ziel war es immer, irgendwann zurückzukommen.“ Auf die Frage was er an seiner Heimat so liebt, hält er ein Plädoyer für sein Sachsen: „Ich liebe die Gemütlichkeit und Ruhe hier. Es ist nicht so dicht besiedelt, weniger laut und deutlich beschaulicher. Aber was viel wichtiger ist, ist die Direktheit und Offenheit der Menschen. Hier sagt man, was man denkt. Ich bin einfach ein Dorfkind geblieben, da kann ich nicht aus meiner Haut.“
Die enge Beziehung zu seiner Familie spielte für ihn eine ebenso wichtige Rolle. „Meine Eltern haben mich immer mit ganzer Kraft unterstützt. Es ist für mich selbstverständlich, dass ich nun, da sie älter werden, für sie da bin.“ Die Verbundenheit zur Heimat und die Nähe zur Familie sind eine der Triebfedern, um nach Hause zurückzukehren. Das war auch bei Carsten Leuthold so.
Das Vorhandensein eines Arbeitsplatzes, das Gefühl am Ort seiner Kindheit- und Jugend gebraucht zu werden, aber auch die unbürokratische Unterstützung, die Carsten Leuthold durch die Mitarbeiter des Projekts „Ab in die Wachstumsregion Dresden!“ und deren Netzwerke für die Rückkehr bekam, haben zu diesem Resultat geführt und sind ein weiterer Beleg für Wichtigkeit der Bemühungen, Rückkehrern zu helfen, um in der Heimat wieder Fuß zu fassen.
Interview und Text: Kristina Kroemke